Diesen Artikel habe ich gelesen – alle Überlegungen zu dem Thema „Sorgerecht“ sind sicherlich sinnvoll. Dennoch sollte wirklich wirklich gut darüber nachgedacht werden, wie reformiert wird. Das Sorgerecht soll z.B. jedem Elternteil von Geburt an zustehen – das kann zu neuen Schwierigkeiten führen.
Welt.de veröffentlichte am 29.10.2019 folgenden Beitrag:
Sorgerechtsreform – „besondere Anstrengungen“ von Eltern erwartet
Das Justizministerium will die gemeinsame Betreuung von Trennungskindern durch beide Elternteile erleichtern. Diese sollen grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht behalten – und die Pflicht haben, sich zum Wohle ihres Kindes zu einigen.
Das Bundesjustizministerium will das Sorge- und Umgangsrecht für Trennungskinder umfassend reformieren und die gemeinsame Betreuung durch beide Elternteile erleichtern. Die Reform solle „die elterliche Verantwortung stärken, die Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern verbessern und einvernehmliche Lösungen erleichtern und fördern“, heißt es in dem Thesenpapier der Expertenarbeitsgruppe Sorge- und Umgangsrecht im Ministerium, das WELT vorliegt. Das Papier soll als Grundlage für einen Gesetzentwurf dienen.
Die gesetzlichen Regelungen müssten der Vielfalt heutiger Familienverhältnisse und Betreuungsformen getrenntlebender Eltern und ihrer Kinder besser Rechnung tragen und individuelle Lösungen für die jeweilige Familie ermöglichen, heißt es in dem Papier. „Bei getrenntlebenden Eltern gehört hierzu die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge mit einer geteilten Betreuung bis hin zu einem paritätischen Wechselmodell ebenso wie die alleinige Sorgeausübung durch einen Elternteil.“
Ein gesetzliches Leitbild eines bestimmten Betreuungsmodells empfehlen die Experten nicht. Sonderregelungen für die Betreuungsform des Wechselmodells seien deshalb nicht erforderlich. Die geltenden Regelungen sollen aber dahingehend angepasst werden, dass sie auch für eine geteilte Betreuung des Kindes bis hin zu einer hälftigen Betreuung passen. „Die Pflege der Beziehung des Kindes zu beiden Eltern entspricht in der Regel seinem Wohl und soll deshalb als Leitgedanke vorangestellt werden, ohne dass damit eine Aussage über den Umfang der Betreuung verbunden ist“, heißt es dazu.
Darüber hinaus sollen Eltern die Pflicht haben, „sich bei Wahrnehmung der elterlichen Sorge vom Wohl des Kindes leiten zu lassen und sich bei Meinungsverschiedenheiten zu einigen“. Der Kindeswille sei dabei bei allen gerichtlichen Entscheidungen entsprechend dem Alter und der persönlichen Reife des Kindes zu berücksichtigen.
„Besondere Anstrengungen“ von Eltern erwartet
Das Sorgerecht soll den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen – unabhängig davon, ob sie bei der Geburt miteinander verheiratet sind oder nicht. Das Sorgerecht soll Elternteilen künftig auch nicht mehr entzogen werden können. Geregelt wird im Konfliktfall nur die Ausübung des Sorgerechts – also der jeweilige Betreuungsumfang nach einer Trennung. Auf ein bloßes Umgangsrecht soll kein Elternteil mehr verwiesen werden. Der Begriff Umgang soll künftig nur noch zur Regelung des Kontakts des Kindes mit Dritten gelten – etwa mit Großeltern oder Geschwistern.
„Die Eltern sind im Rahmen ihrer Elternverantwortung gehalten, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um eine einvernehmliche Lösung ihres Konflikts zu erreichen“, heißt es in den Thesen der Arbeitsgruppe weiter. Es soll aber keine Verpflichtung für die Eltern vorgesehen werden, die diese zwingt, vor der Antragstellung beim Familiengericht an einer Beratung oder Mediation teilzunehmen. Die bestehenden Beratungsangebote der Jugendämter sollen inhaltlich erweitert und ausgebaut werden.
Die Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung“ war im April 2018 im Justizministerium eingesetzt worden und hat insgesamt achtmal getagt. Ihr gehörten acht Familienrechtsexperten aus Wissenschaft und Praxis an.
Das Justizministerium werde die Thesen der Arbeitsgruppe jetzt prüfen und auswerten, sagte ein Sprecher von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD): „Ziel ist eine Reform, die auch moderne Betreuungsmodelle besser als bisher abbildet, einvernehmliche Lösungen erleichtert sowie die elterliche Verantwortung unter Berücksichtigung von Kindeswohl und Kindeswillen stärkt.“